Fluorierung und "künstliche Zähne"

Bereits seit Mitte des 20. Jahrhunderts werden Fluoridverbindungen zur Kariesvorbeugung eingesetzt. Während die Wirkung dieser Fluoride dabei bereits seit langem wissenschaftlich erwiesen ist, ist noch nicht vollständig geklärt, wie Fluoridionen vom Zahnschmelz aufgenommen werden und wie genau sie dort gegen Karies schützen.

Zur Untersuchung grundlegender Zusammenhänge bei der Aufnahme von Fluorid in die mineralische Komponente des Zahnschmelzes, Hydroxylapatit, nutzen wir selbst produzierte, synthetische Hydroxylapatit-Prüfkörper. Diese Prüfkörper sind etwa so groß wie eine Ein-Cent-Münze und dienen als makroskopisches Modellsystem für einzelne Schmelzkristallite. Durch aufwendige Politur- und Reinigungsprozeduren können auf diesen Prüfkörpern Oberflächenrauheiten im sub-nm-Bereich erreicht werden.

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Abb. 1: Von links nach rechts: Synthetisches Hydroxylapatit-Pulver, verpresstes Pulver (Grünkörper) und gesinterter Prüfkörper

Die Fluoridaufnahme in das Material wird untersucht, indem ein Prüfkörper für einige Sekunden bis Minuten in eine Natriumfluoridlösung (NaF-Lösung) gegeben wird. Anschließend wird der Fluoridgehalt mithilfe der Röntgen-Photoelektronenspektroskopie (XPS) ermittelt. Die Fluoridaufnahme ist von der Anwendungszeit der NaF-Lösung abhängig. Nach ca. 3 min wird kein weiteres Fluorid aufgenommen. Insgesamt wird eine nur wenige Nanometer dicke fluoridhaltige Schicht aufgebaut, die etwa 3 at-% Fluor enthält.

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Abb. 2: Fluoridaufnahme in Hydroxylapatit aus wässriger NaF-Lösung in Abhängigkeit von der Anwendungszeit. a) Fluoridanteil an der Probenoberfläche, b) mittlere Dicke der fluoridhaltigen Schicht.

Die Fluorierung führt zu einer stark erhöhten Resistenz des Hydroxylapatits gegenüber Säuren. Mittels Rasterkraftmikroskopie (AFM) wurden die Ätzraten von unbehandeltem und fluoriertem Hydroxylapatit bestimmt. Während das unbehandelte Material nach einem Säureangriff von einigen Minuten starke Beschädigungen aufweist, bleibt die fluorierte Oberfläche im gleichen Zeitraum unversehrt.

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Abb. 3: AFM-Aufnahmen zur Bestimmung der Ätzraten von unbehandeltem (a und b) und fluoriertem (c und d) Hydroxylapatit, jeweils vor (a und c) und nach (b und d) einem Säureangriff über 330 s.

Literatur:
C. Zeitz, T. Faidt, S. Grandthyll, H. Hähl, N. Thewes,C. Spengler, J. Schmauch, M. J. Deckarm, C. Gachot, H. Natter, M. Hannig, F. Müller, K. Jacobs: "Synthesis of hydroxyapatite substrates: bridging the gap between model surfaces and enamel"; ACS Appl. Mater. Interfaces 8 (2016) 25848, DOI: 10.1021/acsami.6b10089.
T. Faidt, C. Zeitz, S. Grandthyll, M. Hans, M. Hannig, K. Jacobs, and F. Müller: "Time Dependence of Fluoride Uptake in Hydroxyapatite"; ACS Biomater Sci Eng 3 (2017) 1822, DOI: 10.1021/acsbiomaterials.6b00782.
T. Faidt, A. Friedrichs, S. Grandthyll, C. Spengler, K. Jacobs, F. Müller: "Effect of Fluoride Treatment on the Acid Resistance of Hydroxyapatite"; Langmuir 34 (2018) 15253, DOI: 10.1021/acs.langmuir.8b03412.